Knie
Mario Meiermann gab den Ministrantendienst in der Pfarrkirche Maria Elend auf, als er in die Fußballmannschaft eines Zweitligisten berufen wurde. Er galt bereits mit dreizehn Jahren als genialer Linksaußen, litt aber an einer Zwangsstörung, die ihn immer wieder unkontrolliert niederknien ließ. In einem entscheidenden Match, in dem ein Sieg seines Vereins diesem den Aufstieg in die erste Liga ermöglicht hätte, hätte Meiermann das entscheidende Tor schießen können, wäre er nicht in idealer Schussposition alleine vor dem gegnerischen Torwart plötzlich auf sein linkes Knie gefallen, hätte dabei die Hände gefaltet und sich den Ball vom herauslaufenden Tormann abnehmen lassen. Als Meiermann sechzehn Jahre alt war, hatte kein Verein mehr Interesse an ihm. Seither verbrachte er jeden Tag vor dem Fernsehapparat. Seine Lieblingssendung war eine Dokumentation über Menschen in Afrika, die dem Voodoo verfallen waren. Einer von ihnen, ein Mann, der einen riesigen Stein vor seinem Haus als Gott verehrte, musste diesem täglich Whisky opfern, indem er den Inhalt einer ganzen Flasche auf den Stein schüttete. Da der Gott den teuersten erhältlichen Whisky verlangte, lebte der Mann in großer Armut und war hoch verschuldet.