Schrei
Der Bauarbeiter Hufnagel berichtete am 3. Juni 1914, dass beim Abriss der alten Brücke, die früher die Fahrgasse in der Frankfurter Altstadt mit Sachsenhausen verbunden hatte, ein minutenlanger menschlicher Schrei erklang. Dieser Schrei sei von einem Schädel, der auf einer aus dem Brückenturm ragenden Eisenstange aufgespießt war, ausgestoßen worden. Das Schreien habe angefangen, so Hufnagel, als er begonnen habe, die Eisenstange aus der Turmmauer zu schlagen und sei erst verhallt, als die Stange, die er vor Schreck in den Main fallen lassen habe, mit dem Schädel im Wasser versunken sei. Es handelte sich bei dem Schädel um die Überreste des Kopfes des 1616 hingerichteten und gevierteilten Staatsverbrechers Vinzenz Fettmilch. Der Lebküchler Fettmilch soll beim Abhacken der Schwurfinger und seiner darauffolgenden Hinrichtung am 28. Februar 1616 auf dem Frankfurter Rossmarkt keinen Laut von sich gegeben haben. Wie Goethe in Dichtung und Wahrheit berichtet, hatte sich Fettmilchs Schädel, der nach dessen Hinrichtung auf einer Eisenstange auf der Turmmauer der großen Brücke aufgespießt worden war, durch alle Unbilden der Zeit und Witterung erhalten.