Mi 22.01.2025 ● 19:30
Suppe und Literatur
Milena Michiko Flašar: Oben Erde, unten Himmel
Daniel Wisser: Unter dem Fußboden
Suppe von Sonja Liegert
Ort: Alter Schlachthof Wels, Dragonerstraße 22, 4600 Wels
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Programmankündigung:
Wir wollen das Jahr nicht zögerlich beginnen, sondern gleich mit einem Höhepunkt! (Wobei wir danach nicht nachzulassen gedenken ;-). Milena Michiko Flašar und Daniel Wisser stellen beide Texte vor, in denen die Ordnung fundamental durcheinander gerät. Beide verfügen über feinen Witz und sind stilistisch einzigartig.
In ihrem Roman Oben Erde, unten Himmel muss sich eine junge Frau in Tokio aus finanzieller Bedrängnis und Einsamkeit herauskämpfen – ausgerechnet mit einem neuen Job in einer Firma, die sich auf Leichenfundortreinigung spezialisiert hat. Mit viel Achtsamkeit beschreibt Flašar die Gemeinschaft der Außenseiter sowie die Wohnungen der Toten, die oft erst nach Wochen gefunden werden. Ganz ohne klischeehafte Wiener Morbidität und billigen Voyeurismus.
Daniel Wisser schreibt seit mehr als fünfzehn Jahren sehr kurze Erzählungen, die unter dem Titel Unter dem Fußboden einmal als Buch, dann wieder als Theaterstück oder Hörspiel und als Webprojekt auf der Homepage des Autors in Erscheinung treten. Unter dem Fußboden umfasst 174 dieser Miniaturen. Darin geht es um Erfundenes und Gefundenes, wobei Recherche und Fiktion ineinander übergehen, etwa eine absurde journalistische Schilderung der Verwüstung, die ein Gewitter durchs Mühlviertel gezogen hat.
Suppe von Sonja Liegert. Büchertisch: Tina Keller (Thalia Wels)
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Ausschnitte aus Rezensionen zu Unter dem Fußboden:
Skurriles schildert Wisser in nüchternem Tonfall, was immer wieder ziemlichen Witz und eine feine Komik hat, scheinbare Historizität und Faktizität unterstreichen die Absurdität dieser Miniaturromane. Der Stillstand und die Bewegungen eines vergeblichen, aber doch menschlich-allzu-menschlichen Tageslebens und was dem zugrunde liegen könnte, ist in Unter dem Fußboden jedenfalls in einer sehr Wisser-spezifischen Wahnwitzigkeit erzählt.
Angelika Reitzer
https://www.literaturhaus-wien.at/review/unter-dem-fussboden/
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Der Titel Unter dem Fußboden ist durchaus wörtlich zu verstehen. Es geht in den Texten um doppelte Böden, um Schichten unter der Realität. Die Texte nehmen Abzweigungen aus dem Alltag ins Absurde. Oder sie starten gleich im Absurden, das Wisser aber stets nahe an der Realität ansiedelt. Es macht auf jeden Fall Spaß, wenn sich die Prosaminiaturen kurz in die Biografie und den Alltag historischer Berühmtheiten, gerne von Komponisten wie Bach, Mozart oder Schubert hineinstehlen. Und besonders stark zeigen sich die Texte, wenn sie nur knapp unter den Fußboden der Realität und Normalität schlüpfen.
Wolfgang Straub (Ö1/Exlibris)
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Geschichten, die sich mit bestechender Logik entwickeln, landen unvermeidlich im Absurden und im Wahnsinn. Unter dem Fußboden sind, wie jeder weiß, Abgründe zu vermuten; falls sich dort gar nichts befindet, umso schlimmer für die Wirklichkeit. Ich kenne mich ja nicht aus, aber ich glaube, man kann all diese zufälligen Verhängnisse auch als Witz bezeichnen. In Daniel Wissers Geschichten steckt er jedenfalls. Und wie.
Thomas Stangl
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Der eigentümliche Zauber, den Daniel Wissers kurze Prosatexte auf mich ausüben, hängt wohl zusammen mit der witzigen Disproportion zwischen der Exaktheit, mit der Zahlen, Fakten, Details etc. einerseits und sogar bedeutende Persönlichkeiten und Ereignisse andererseits angeführt werden. Die tragikomischen Helden Wissers löschen ihre Namen aus, bleiben ungehört, werden weitgehend unsichtbar oder gleich von vorneherein nicht bemerkt.
Robert Pfaller
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Daniel Wisser verfasst seit Jahren Prosa-Miniaturen, denen häufig eine epische Dimension innewohnt. Diese reizvolle dramaturgische Diskrepanz findet sich auch im jüngsten Buch, der Sammlung Unter dem Fußboden, erschienen im Klever Verlag. Den Kern dieser Roman-Miniaturen bildet in aller Regel eine historische Person, die durch ihre Motivation und bedingt durch geschichtliche Widrigkeiten in ein beispiellos tragikomisches Fiasko hineinstolpert. Dabei ist es gerade der berichtende Ton, der die Fallhöhe der Helden beträchtlich vermehrt. Denn Wisser arrangiert meist akkurat recherchierte Daten und Fakten, benennt Details und schafft damit einen Gestus der Nachrichtenvermittlung. Der nüchtern anmutende Vortrag prallt auf Geschehnisse, die lapidar vom grotesken Scheitern erzählen.
Alexander Peer
http://www.literaturhaus.at/index.php?id=12754
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Es geht um die Mühen und Anstrengungen, mit denen die Menschen versuchen, Bedeutsamkeit und Einmaligkeit in ihre Leben zu zwingen und Ihre Ängste und Leerläufe zu kaschieren. Diese Anstrengungen wollen tapfer gelebt, und, da sie nicht selten vergeblich, wahnwitzig oder einfach unsichtbar und unbeachtet sind, ebenso tapfer protokolliert werden. Wisser treibt ein so perfides wie poetisches Unwesen mit den Gesetzen der Logik, bei dem in einem höreren Sinn alles plausibel bleibt.
Evelyne Polt-Heinzl, DIE FURCHE
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Wisser zeigt Protagonisten, die grandios scheitern, ihre Bemühungen stellen sich als vergeblich heraus. Die seltsamsten Begebenheiten werden in nüchternem Ton festgehalten, mit Zahlen und Fakten ausgeschmückt, was die Absurdität steigert. Gerade diese ironische Diskrepanz, gepaart mit auffälliger Detailverliebtheit, steht in hartem Kontrast zu den tragikomischen Begebenheiten. Eine eigenwillige Mischung, die diese Erzählungen so bemerkenswert macht.
Stefanie Krejci, profil
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Kuriose Begebenheiten, absurde Wendungen sowie höherer Nonsens sind häufig zu finden in Daniel Wissers Kürzesterzählungen, die je eine Buchseite einnehmen. Kein Wort für Blau zeigt, wie groß die Welt und wie zusammenhanglos vieles ist. Und doch stellt Wisser immer wieder unerwartete Verbindungen her. Erfrischende Lektüre.
Sebastian Fasthuber, FALTER