Frage

Frage

 

Achtzehn Jahre lang war der Biograf Kunz dem Forschungsreisenden Scheerbart nachgereist, um ihm eine einzige entscheidende Frage zu stellen, die die letzte Lücke seiner epochalen Scheerbart-Biografie schließen sollte – die Frage nach den genauen Umständen eines Hangrutsches, dem zwei Drittel der Mannschaft seiner Hinterindien-Expedition zum Opfer gefallen waren. Schließlich begegnete Kunz Scheerbart zufällig auf der Liegewiese eines Naturbades in den Donauauen und konnte nicht umhin, Scheerbart anzusprechen und seine Frage zu stellen. Scheerbart antwortete sofort. Da aber bereits bei seinem ersten Satz ein für Kunz nicht näher erkennbares Insekt in Scheerbarts linkes Nasenloch flog und nun im Inneren des Forschungsreisenden brummte, während Scheerbart, als bemerke er das Insekt in sich nicht, weiterredete, folgte Kunz, der auf den Austritt des Insekts aus wenigstens einem von Scheerbarts Nasenlöchern oder dessen Mund wartete, den Worten des Forschers nicht. Als Scheerbart meinte, erschöpfend geantwortet zu haben, gab er Kunz kurz die Hand und verschwand hinter einem Gebüsch.

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franz goldenberg kam zur tür herein und gab mir die hand. ich gab dr. ertel die hand. dr. ertel gab marion bembe die hand. […] fridolin koch gab gustav treiber die hand. gustav treiber gab herrn dieter honisch die hand. herr dieter honisch gab nun wieder doris ottlitz die hand. erbost schmiss doris ottlitz die hand auf den boden.

(Konrad Bayer: der sechste sinn)