Haarprobe
Am Stammtisch nach der Chorprobe des Gesangsvereins Nagelberg hat Altrichter immer wieder darauf hingewiesen, dass Beethoven nicht nur an einer Bleivergiftung verstarb, sondern dass die Bleivergiftung auch seine fortschreitende Ertaubung ausgelöst hatte. Zugehört hat ihm freilich niemand, denn begann Altrichter von Beethoven zu reden, so standen die einen auf und verließen den Tisch, während die anderen sich in Gespräche vertieften, die irgendetwas anderes zum Inhalt hatten als Beethoven und Bleivergiftungen. Dabei ging Altrichter nach der Gesangsvereinsprobe nur deshalb zum Stammtisch, um seine Theorie wieder und wieder auszubreiten. Währenddessen leerte er ein Glas Bier nach dem anderen ohne jeglichen Genuss. Jacobi war von Altrichters Biertrinken ebenso angewidert wie von seinem Gerede über Beethoven. Am meisten beunruhigte ihn, dass einige Mitglieder des Chors Gefallen daran gefunden hatten, Altrichter, nachdem er betrunken nach Hause gegangen war, nachzuäffen. Sie begannen Sätze wie »Habt ihr schon gewusst, dass eine Haarprobe von Beethoven …« oder »Erst Chorprobe, dann Haarprobe …« und genossen das darauffolgende Gelächter. Aus diesem Grund verließ Jacobi Nagelberg und ging nach Gummersbach. Er suchte eine Welt ohne Bier und Beethoven, obwohl ihm klar war, dass weder Beethoven noch das Bier etwas dafür konnten.