Die Vitaminlüge
Hörspiel von Daniel Wisser
Aktueller Sendetermin: Sa 13.04.2023 um 19:40 auf RAI Südtirol
https://oe1.orf.at/programm/20230715/726218/Die-Vitaminluege-von-Daniel-Wisser
Ursendung: 05. Februar 2022 Ö1 (ORF)
Übernahmen: 13. Juli 2022 Deutschlandfunk, 12. Februar 2023 Bayern 2, 23. April 2023 WDR und 13. April 2024 RAI Südtirol
Produktion: ORF (2021)
Regie: Ursula Scheidle
Dramaturgie: Philip Scheiner
SprecherInnen: Chris Pichler, Andrea Clausen, Linde Prelog, Michou Friesz, Klaus Höring, Bastian Wilplinger, Pippa Galli, Sarah Viktoria Frick, Julien Colombet
Musik: Angelica Castello
Ton: Anna Kuncio, Manuel Radinger
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Die Vitaminlüge von Daniel Wisser ist das Lieblingshörspiel der Theater- und Medienwissenschafterin Christine Ehardt: „Weil es auf wunderbare Weise mit dem Wechsel von Innen- und Außenräumen des Erzählens spielt und die tragischen wie absurden Momente des Alltags offenlegt. Außerdem mag ich auch kein Obst.“
Carla sehnt sich nach der großen Katastrophe, um frei zu werden, frei von Verpflichtungen, Beziehungen und einem immergleichen Alltag, der ihrem Leben einen letzten Rest von Struktur verleiht. Wir folgen Carla durch diesen Alltag, den sie ihrer Therapeutin, Frau Klarfeldt, am Telefon eindringlich schildert und sich im Laufe der Telefongespräche in alptraumhafte Räume und Begegnungen verwandelt. Immer tiefer dringen wir dabei in Carlas eigentliches Drama vor, das sich zwischen ihr und ihrer Mutter, die sie im Altersheim besucht, vor vielen Jahren ereignet hat. Mutter wie Tochter fühlen sich beide schuldig am Tod des Mannes, des Vaters. Doch darüber wurde und wird nicht gesprochen. Die unselige Verbindung, die die kleine Familie aneinanderhält, ist Quelle für Carlas Katastrophensehnsucht und nervösen, phobisch-neurotischen Zustand.
Daniel Wisser hat dieses Hörspiel im Eindruck der Pandemie und der Lockdowns geschrieben. Er hat, wie er sagt, „mit einer gewissen Faszination bemerkt, dass viele Menschen fast begeistert darüber waren, dass soziale Kontakte und Verpflichtungen wegfielen bzw. leicht und ohne Ausrede abzusagen waren. Der heimliche, immer schon gehegte Wunsch, den bisherigen Alltag hinter sich zu lassen, konnte plötzlich frei ausgelebt werden.“ Also hat sich der Autor „auf die Suche nach den Gründen für die Sehnsucht nach Katastrophen und Untergangsszenarien und die Hintergründe für allzu voreiligen oder haarsträubenden Alarmismus gemacht,“ denn Wisser glaubt, „dass diese nicht in den äußeren Umständen, sondern in persönlichen Frustrationen zu suchen sind.“
In seinem Text durchmisst Daniel Wisser den „Imaginationsraum Hörspiel“ neu, spielt mit Erzähl- und Zeitebenen sowie mit Außen- und Innenräumen. (Ganz im Sinne des doppelten Imperativs nach Ernst Jandl: Hör!Spiel!)
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Pandemien und andere Katastrophen können zuweilen auch hilfreich sein: Endlich muss Carla nicht mehr aus dem Haus. Therapie funktioniert schließlich auch per Telefon. Carla telefoniert und dringt immer weiter in ihr persönliches Drama vor.
Carla sehnt sich nach der großen Katastrophe. Endlich wäre sie frei: frei von den lästigen Verpflichtungen, Beziehungen und dem immer gleichen unerfreulichen Alltag, in dem – ausgerechnet ihr – die unmöglichsten Dinge passieren. Warum eigentlich? Am Telefon schildert Carla der Therapeutin Frau Klarfeldt ihr Leben. So dringt sie nach und nach immer tiefer in das Drama vor, das sich zwischen sie und die Welt geschoben hat. Es gibt ein lange zurückliegendes Ereignis, das sie und ihre Mutter aufs Schrecklichste verbindet. Jeden Tag besucht Carla die Mutter im Altersheim, doch darüber sprechen sie nicht. Dabei ist das Familiengeheimnis die Quelle für Carlas Katastrophensehnsucht und ihren prekären Zustand.
https://www.hoerspielundfeature.de/die-vitaminluege-100.html