Löwen in der Einöde

Löwen in der Einöde

Roman

Jung & Jung (Salzburg) 2017

ISBN 978-3-99027-095-0

(e-book ISBN 978-3-99027-156-8)

http://jungundjung.at/content.php?id=2&b_id=252

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Ich habe viel gelacht. So ein trauriges Buch. Und wie klar und räumlich einem die Welt dabei wird, fast wird man selbst durchsichtig beim Lesen.

Clemens J. Setz

Daniel Wisser zeigt uns eine Figur, die – anstatt die Gegenwart zu begreifen – die Vergangenheit vorausahnt. Und das so, dass man meint, die 70er- und 80er-Jahre (obwohl man sie selbst erlebt hat) erst durch das Lesen dieses Romans verstanden zu haben.

Franz Schuh

Löwen in der Einöde ist ein Buch mit literarischen Fallstricken und Hintertüren, einem spannenden Kontrast zwischen lakonischem Erzählton und der Dramatik der geschilderten Ereignisse, verschmitzt und unterhaltsam, fordernd durch seine Rätselhaftigkeit und seinem Mix aus Zuversicht und Resignation.

Heimo Mürzl (Bücherschau)

Dem aufwendigen Bauplan in der Mikro- und Makrostruktur steht eine stilistische Lakonik gegenüber. Wisser Prosa ist zurückgenommen, syntaktisch unkompliziert, Adjektive haben Seltenheitswert. Es geht nicht um die Beschreibung, sondern um die Fest- und Fortschreibung von Erinnerung und Alltag. Dieser Schreib-, Erinnerung- und Erzählprozess ist von Wiederholung geprägt. Der Tod, so könnte eine Moral aus Wissers Löwen in der Einöde lauten, ist eine Unterbrechung der Wiederholung. Auch deshalb spielen Begräbnisse eine wichtige Rolle im Leben Michael Brauns. Der Tod eines Menschen bringt die Erinnerungen in Gang. Wisser Allerweltsfigur erinnert sich an das Aufwachsen in der österreichischen Provinz der 1970er- und 1980er-Jahre, geknüpft an für ihn zentrale Ereignisse: etwa den Einsturz der Reichsbrücke, den Film „E.T.“ oder die 18 Tage, die ein Vorarlberger 1979 ohne Nahrung und Wasser in einer Gefängniszelle überlebt hat (ich erinnere mich daran, als Kind wie Wissers Figur davon beeindruckt gewesen zu sein, dass er sein Überleben dem Trinken des eigenen Urins verdankt hat).

Wolfgang Straub (Die Presse)

Daniel Wisser ist Musiker, Schriftsteller und einer der eigenwilligsten Künstler seiner Generation. Mit seinem neuen Roman Löwen in der Einödeist Daniel Wisser eine lakonisch-melancholische Hommage auf das kleine Leben gelungen.

Katja Gasser (ORF – Zeit im Bild)

Die Erzählweise stört das Bedürfnis nach Interpretation empfindlich. Ganz zum Schluss wird diese Absicht noch betont, wenn die Assistentin von Michael Braun darauf verweist: George Orwell dachte 1948, dass 1984 in einer fernen Zukunft liegt. Im Moment archivieren wir die Akten des Jahres 1984. Und wenn wir fertig sind, wird 1984 schon vergessen sein.

So einfach kann das Verschwinden beschrieben werden, „Sein und Zeit“ en miniature. Dabei gibt es einige ausgesprochen klare und empathische Momente, etwa wenn der 13-Jährige eine Initiation mit seiner Latein-Nachhilfelehrerin erlebt, die eine Leere hinterlässt, die Braun bis in seine Gegenwart als Mitvierziger nicht zu füllen weiß. In solchen Passagen wird schmerzlich bewusst: ein Braun haust in jedem von uns.

Alexander Peer (Wiener Zeitung)

http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher_aktuell/890064_Verharren-in-solider-Stagnation.html

Alies ist weg. Und was hilft gegen das Verschwinden? Die Erinnerung. Um die Erinnerung geht es oft in den Texten des 1971 in Klagenfurt geborenen Autors Daniel Wisser. Aber auf eine unsentimentale, lakonische Weise. Denn: Das Gedächtnis ist manchmal ein Hund, mehr Fluch denn Segen. Was passierte am 3. Juni 1978? Oder am 1. August 1976? Der Protagonist von Wissers viertem Roman, Michael Braun, weiß das.
Konsequent ist es auch im literarischen Kosmos von Daniel Wisser, dass bald ein zweiter Michael Braun in der Geschichte auftaucht, gleichsam eine Spiegelung des ersten. Die Frau des ersten findet Gefallen am zweiten oder umgekehrt, das ist nur eine Frage der Perspektive. Mit dieser spielt Wisser virtuos in all seinen Texten. Wisser ist ein Meister der kurzen Form.

Tanja Paar (Der Standard)

http://derstandard.at/2000057041755/

Statt Heldenmut und Machismo macht etwa Michael Braun, der Protagonist mit dem Jedermannnamen, in Daniel Wissers neuem Roman Löwen in der Einöde eine passive, geradezu unmännliche Figur. Am eigenen Unvermögen zu scheitern, selbst nicht den längst notwendigen Ausbruch zu schaffen, resigniert im Hier und Jetzt zu verharren – das ist das Thema dieses tragikomischen und psychologisch ausgereiften Romans. Dass es sich bei der Hauptfigur eben um einen Mann handelt, mag kein Zufall sein. Denn Misserfolg potenziert sich, wenn er sich aufseiten jenes Geschlechts einstellt, dem genuin Macht und Tatendrang zugeschrieben werden. Gekonnt arbeitet Wisser somit die Kehrseite der Virilität heraus und demaskiert die Inbrunst der Männlichkeit als Chimäre. Braun besitzt nichts mehr, das noch an die Stärke und Willenskraft des klassisch maskulinen Subjekts erinnert.

Björn Hayer (Der Freitag)

http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/heute-duerfen-sie-weinen

Daniel Wisser legt mit Löwen in der Einöde einen alles andere als langweiligen Roman vor. Der Wiener Autor und Musiker hat einen starken Hang zum Verdichten und zum Weglassen. In dem episodenhaften, für knappe 130 Seiten ziemlich handlungs- und figurenstarken Buch erweist er sich als Meister der erzählerischen Ökonomie. Am liebsten stößt er uns ohne Einleitung oder andere Orientierungshilfen mitten in eine Szene hinein.

Was neben den vielen, oft skurrilen kleinen Einfällen, die besonders Kindern der 70er-Jahre gefallen werden, und der zwischen leiser Melancholie und ebensolcher Komik schwankenden Stimmung denn auch am meisten besticht, ist seine zurückhaltende Art. Es ist ungemein erfrischend, wenn ein Autor eben nicht meint, seine Leser ständig an der Hand nehmen zu müssen.

Sebastian Fasthuber (FALTER)

https://shop.falter.at/detail/9783990270950

Weshalb das Buch bei aller Komik in der Tiefe etwas Trauriges hat? Weil wir vermuten können, dass jede und jeder hier unverwirklichte Träume mit sich trägt, die weit über das hinausweisen, was sie oder er lebt. Abgebrochen und vergraben ein Stück Seele. Vor sich selber verborgen. Und kaum eine Chance, es wiederzufinden und lebendig zu machen.

Irmtraud Gutschke (Neues Deutschland)

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1054867.das-geheime-leben.html

Wer ihn nur aus der Millionenshow kennt, hat etwas versäumt. Daniel Wisser zu lesen macht Spaß. Im neuen Roman skizziert er ausgehend von Michael Braun, Beamter im Alltagstrott, eine exemplarische Österreich-Biografie. Mit lakonisch-komischen Ausflügen in die Provinz der 1970/80er.

Julia Schafferhofer (Kleine Zeitung)

Der 1971 geborene österreichische Autor Daniel Wisser ist ein genauer Beobachter seiner Zeitgenossen. Wie sein Protagonist Michael Braun hat auch er die Kindheit in den 70er-Jahren und die Jugend in den 80ern und 90ern verbracht. Er vermag das Lebensgefühl seiner Zeit sehr präzise zu erfassen und wiederzugeben. Der Wechsel vom ländlich-provinziellen ins urbane Milieu schafft neue Lebensumstände und Spielregeln und darüberhinaus ein Gefühl von Orientierungslosigkeit. Es ist ein Welt, in der herkömmliche Antworten für obsolet erklärt werden.

Gudrun Braunsperger (Ö1 – Ex libris)

Das Buch weiß vom Anfang bis zum Ende auf wunderbar bittere Weise zu unterhalten. Die Ironie bezieht der Text durch den Kontrast zwischen dramatischem Ereignis und lakonischer Schilderung oder durch das gekonnte Inszenieren von Missverständnissen. Eine zweite qualitative Raffinesse ist die nicht-lineare Erzählweise. Sie ist nicht nur achronologisch, weil sie retrospektiv ist, sondern weil sich die Zeitebenen immer wieder mischen. Das irritiert am Anfang etwas, bis man dieses einander Durchdringen der Zeitebenen diagnostiziert, sich daran erfreut und auch eine Entwirrung des biografischen Knäuels zu leisten imstande ist. Man erfreut sich auch deshalb an dieser Technik des Verwebens, weil sie einprägsam anschaulich macht, wie sich Gedächtnisleistungen konstituieren und wie kollektives und subjektives Erinnern ineinandergreifen.

Alexander Peer (Literaturhaus Wien)

http://www.literaturhaus.at/index.php?id=11539

Löwen in der Einöde, der neue Roman des Schriftstellers Daniel Wisser, taucht in eine versunkene Zeit. Michael Braun, dem Helden des Buchs, der sich in die Sackgasse der Schrulligkeit verwirrt hat, ist die Vergangenheit weniger erinnerungsselige Nostalgie als ein Hilfsmittel, das Durcheinander der Gegenwart des 21. Jahrhunderts zu meistern.

Löwen in der Einöde bietet ein Arsenal extravaganter, hilflos in die eigenen Probleme verstrickter Figuren auf. Auch in seinem vierten Roman versteht es Wisser, Schalk und Ernst, Humor und kluges Erzählen zu verbinden, vielstimmig Fabulier- und Rätsellust, Beobachtungspräzision und unprätentiösen Realismus zu mischen.

Wolfgang Paterno (profil)

Daniel Wisser versammelt in seinem dritten Roman perspektivlose Mittvierziger. Fast wirkt es so, als hätten die Charaktere keine Zukunft, in die sie sich denken könnten, weil sie sich und ihre Umwelt nur über Vergangenes verstehen. Löwen in der Einöde wirft Fragen auf. Wie beeinflussen uns die Narrative in den Chroniken der vergangenen Jahrzehnte? Wie wirken sie sich auf uns in der Gegenwart aus?

Daniel Wisser ist mit Löwen in der Einöde ein kunstvoller, intelligenter und kurzweiliger Roman gelungen. Und ohne viel verraten zu wollen, ist das Ende das traurigste Ende überhaupt.

Daniel Grabner (FM4)

http://fm4.orf.at/stories/1778166/